Mist Tänzer
1984-1990
ca. 500 Zeichnungen, A4/A3-Format
Bleistift und Mischtechnik
Mist Tänzer
Jeder Sonntag derselbe Ablauf. Stall und Tiere sind bestellt.
Der Misttänzer steigt aufs «Parkett», wirft einen kurzen Blick
über die angesammelten Haufen der vergangenen Woche und
verteilt diese mit kräftigen Armbewegungen über den ganzen
Miststock. Nun beginnt ein rhythmisches Treten – scheinbar
an Ort- Schritt für Schritt. Zone für Zone wird die gesamte Fläche
in konzentrierter Versunkenheit gemächlich abgeschritten, getreten
und gestampft. Jeden Sonntag. Jeden Sonntag derselbe Ablauf.
Stall und Tiere sind bestellt. Der Mist ist getischt. Der Tänzer steigt
Vom Stock, wäscht sich, rasiert sich und zieht sein neues Kleid an.
Dabei steht jetzt –am Schluss- das Ganze sehr einfach da. Ich mache nämlich
nichts anderes als der Misttänzer selbst: Ich steige auf s «Parkett»
und bewege mich, gehe den Weg, Schritt für Schritt, Zone für Zone,
Schicht für Schicht, Blatt für Blatt.
Mich interessiert dieser Misttänzer, seine Haltung, seine Bewegungen, seine
Anatomie und seine Geschichte.
Mich interessiert der Mist; die Haufen und Knäuel, die Brocken, Fladen
und Klüngel; seine Ge-Schichte, seine Konsistenz, seine (Im-)Materialität
und (Un-)Sichtbarkeit. Der Mist als Ort der dichten Ansammlung, des Ausgestossenen,
des Abfalls. Die Möglichkeit die Lebens- und Produktionsprozesse aus der
Sicht und der Perspektive „von unten“ zu betrachten. Der Mist als
Grenz-Ort: Alles verwest und vermodert, stirbt ab; wir sind an der Grenze des
Nicht-Benennbaren… und er ist Nährboden für das Neue, Aufkeimende,
mitbeteiligt an der Entstehung der Form, der Gestalt. Eros ist da und ein Lachen
ohne Grund. Ein Ort des Verschwindens und (Neu-)Erscheinens.
Mich interessiert der Akt des Misttretens, da wo der Tänzer und der Mist
zusammenkommen, der (alchemistische) Prozess, die Bewegung, die Verbindung;
diese Geschichten des Fortschrittes an der frischen sonntäglichen Luft.